Freitag, 14. November 2014

[ #berufsausbildung ] Mismatching: Lehrlinge und Vorarlbergs Zukunft werden im Stich gelassen

Politik lässt die Lehrlinge und damit Vorarlbergs Zukunft im Regen stehen.

Aus Deutschland kommen nicht ganz überraschende Nachrichten, die auch hierorts ihre Gültigkeit haben dürften. Seit 2008 ist in der BRD der Anteil ausbildender Kleinstbetriebe stark rückläufig. Die Gründe dafür liegen nach Untersuchungen des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn aber nicht in einer mangelnden Ausbildungsbereitschaft. Vielmehr haben die Kleinstbetriebe mehr Schwierigkeiten als größere, gut qualifizierte Bewerber zu finden.

Kleinstbetriebe scheinen für die Jugendlichen oftmals weniger attraktiv, weil sie beispielsweise häufig in den weniger beliebten technisch-gewerblichen Berufen ausbilden, aber auch durchschnittlich geringere Lehrlingsentschädigungen zahlen. Dies trägt dazu bei, dass sich tendenziell weniger gut qualifizierte Jugendliche bei ihnen bewerben.

Mächenfeindlich. Die Vorarlberger Lehrlingsausbildungssituation ist bekannterweise chronisch katastrophal. Für Mädchen gibt es kaum geeignete Lehrstellen, weil man die Buben in Vorarlberg überdurchschnitttlich in die Lehre (rund zwei Drittel der Schulabgänger eines Jahrganges) drängt. Mädchen weichen daher in berufsbildende Schulen - die in der Regel aber ebenfalls nur auf klassische Frauenberufe gerichtet sind - aus und Burschen wiederum werden von höherbildenden Schulen ferngehalten. Mädchen im 1. Lehrjahr als Lehrlinge in Männerberufen sind nach einem Höchststand im Jahre 2012 (226) schon 2013 wieder auf den Stand von 2004 gesunken. Zehn Jahre also Null Fortschritt. Für zwei Drittel der weiblichen Lehrlinge stehen nur Einzelhandels-, Büro- und Friseurlehre zur Verfügung.

Mismatching. Zudem sind neue Lehrlingsausbildungen geschaffen worden in denen keine Zukunftschance liegt. Verwaltungslehrlinge und solche in Rechtsanwatskanzleien haben kaum Zukunft und sind möglicherweise nur Ausbeutungsobjekte. Hier wurden oberflächlicherweise Menschen in zwar in der löblichen Absicht Jugendarbeitslosigkeit zu verhindern in Berufen ausgebildet, die keine Zukunft haben. Gut gemeint ist eben das Gegenteil von gut. Die EURES-Studie "Mismatch in der internationalen Bodenseeregion"brachte schon 2011 zutage, dass in Vorarlberg in der Gruppe der "Kaufleute und Bürokräfte, Banken und Versicherungen" auf 64 offene Stellen 1114 Arbeitslose kamen.

Die Lehrlinge können mit ihrem allenfalls erlernten Wissen kaum selbständig werden. Obwohl Vorarlberg, gemessen an den Schulabgängern mit Abstand am meisten Lehrlinge ausbildet, führt dies nicht zu unternehmerischen Aktivitäten. Tatsächlich sind entgegen aller Wirtschaftskammerpropaganda die Betriebsgründungen in Vorarlberg konstant rückläufig, was darauf hinweist, dass aus den Lehrlingen immer seltener selbständige Meister und Unternehmer werden. Gab es im Jahr 2004 noch 1224 Betriebsgründungen in Vorarlberg, so waren es 2012 gerade mal noch 924.

Die Vorarlberger Politik und Wirtschaft steht vor einem an sich lange vorhersehbaren Fiasko. Wenn nicht rasch Maßnahmen gesetzt werden, die den Lehrberuf attraktiver machen, die Lehre zu einem Qualifizierungs- und Zukunftsinstrument ausgebaut wird und die kleinen und mittleren Betriebe in ihren Ausbildugsbemühungen von Politik, Verwaltung und Interessensvertretungen unterstützt statt allein gelassen werden.

Aber das  ist wieder eine andere Geschichte ...

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